Ich lernte Georgia vor ein paar Jahren bei einer Veranstaltung von Duke of London mit dem vielversprechenden Namen „Classics and Cake“ kennen, die von ihrem Freund Merlin McCormack organisiert wurde. Damals war sie für die Events von Duke of London und des Luxusmagazin „Tempus“ verantwortlich, wo sie zugleich das Autoressort leitete. Doch erst kürzlich fand ich heraus, dass ihr Großvater ein ambitionierter Rennfahrer gewesen war. Ein guter Grund also, um sich zu treffen und über ihre Familie und ihre neue Geschäftsidee zu plaudern.
Georgia, du stammst aus einer Familie mit einer faszinierenden Geschichte. Bitte erzähl uns von deinem Großvater Henry Aubrey Peck.
Gerne! Alle nannten ihn Harry. Leider habe ich keine persönlichen Erinnerungen an ihn, denn er starb kurz nach meiner Geburt. Aber mein Vater betonte immer, wie sehr mein Großvater von mir entzückt gewesen wäre. Und ich von ihm – nach allem, was ich von ihm weiß! Schon als Kind ging es in meinen Gutenachtgeschichten um seine Reisen und wie er in der ganzen Welt Rennen fuhr. Jedes Jahr an Weihnachten holte mein Vater als Highlight unseren Projektor aus den zwanziger Jahren hervor. Wir waren dann als Familienrunde versammelt und staunten über alte Pathé-Filmaufnahmen, die ihn auf der Rennstrecke von Brooklands bei Testfahrten zeigten. Das hat mir große Freude bereitet und ich träumte davon, eines Tages selbst etwas so Cooles zu leisten! Er war Mitglied des British Racing Drivers Clubs und liebte Autos so sehr, dass er bei sich zuhause eine Zapfsäule aufstellen ließ. Doch er war in der Luft ebenso überlegen wie auf dem Rennkurs: Während des Zweiten Weltkriegs meldete er sich bei der RAF und flog einen Bristol Type 156 Beaufighter.
Bewundernswert! Verrätst du uns, welche namhaften Autos er besaß?
Er hatte einen MG R-Type, mit dem er die meisten Rennen bestritten hat, und einen 4,5-Liter-Bentley, mit dem er – offiziell gestoppt – eine Runde mit 100 Meilen pro Stunde in Brooklands schaffte. Er bemerkte zu meinem Vater, dass sich dieses Tempo auf dem überhöhten Rundkurs „selbstmörderisch“ anfühlten, weil die Aufhängung wegen der ausgeprägten Spalten zwischen den Betonplatten durchsackte und auch noch dazu führte, dass seine Fahrerbrille komplett verrutschte!
Er besaß außerdem von Jaguar einen Mk II, Mk 10 und einen E-Type, seinen MGTC „Black Bess“ und einen Talbot 105, den er 1934 neu in Kensington gekauft hatte. Den Talbot konnte ich aufspüren – er residiert jetzt in Arizona bei einem reizenden Gentleman namens Gregory, der mit ihm fast täglich unterwegs ist. Ich freue mich riesig, dass der Talbot ein so gutes Zuhause gefunden hat. Ich denke auch, dass mein Großvater sich mit Gregory bestens verstanden hätte.
Wie ist es dir gelungen, dieses Auto wiederzufinden?
Mein ganz großer Dank gilt I. S. Polson, den Talbot-Spezialisten in Suffolk, die so freundlich waren, den Kontakt zu Gregory herzustellen. Das Auto wurde umfassend restaurierend, bevor Gregory geplant hatte, damit die 600 Meilen zur Isle of Skye zu fahren. Mit einem Stoffdach – das ist tapfer! Allerdings hat das Timing für diese Reise dann doch nicht gepasst. Später in diesem Jahr wird das Auto in The Quail und am Sonoma Speed Festival teilnehmen. Meine Hochachtung gilt Gregory und Ian Polson, die den Talbot nach höchsten Qualitätsstandard restaurierten. Hoffentlich kann ich in diesem Jahr wieder bei der Car Week in Carmel dabei sein, um dieses Auto in seiner ganzen Glorie erleben zu dürfen.
Erzählen uns doch noch mehr von Harry. Das muss ja ein echter Charakterkopf gewesen sein.
Er fuhr immer in seiner „Black Bess“ nach London und benutzte eine alte Polizeisirene, um sich im Berufsverkehr Raum zu schaffen – während er Pfeife rauchte. Dann hat er noch eine böse kleine Vorrichtung eingebaut, die auf Knopfdruck eine schwarze Wolke heraus paffte, wenn jemand auf der Straße drängelte. Er war wirklich ein echtes Unikum, das seinen Spleen auslebte! Aber meine Lieblingsmarotte bezüglich seiner Autos war der Toilettenzug aus Porzellan neben dem Beifahrersitz seines Bentley: Wenn er daran zog, dann baumelte plötzlich ein Satz Damenunterwäsche am Heckfenster. Das muss in den 1930er-Jahren ziemlich skandalös gewesen sein, oder?
Grandios! Harrys Abenteuerlust hat dich auch inspiriert, dein eigenes Business unter dem Namen Aubrey Peck zu lancieren, richtig? Wir sind neugierig.
Ja! Es ist zu 100 Prozent von meinem Großvater inspiriert, aber verbunden mit meiner eigenen Liebe zu Autos, zu Reisen und Entdeckungen. Wie ich schon sagte, hatte ich leider nie die Chance, ihn persönlich kennenzulernen. Aubrey Peck ist meine Art, dies nun zu tun. Deswegen ist das mehr als eine Geschäftsidee für mich – es ist persönlich. Ich konnte einige seiner alten Autos oder zumindest ähnliche Exemplare aufspüren. Ich plane, was ich auf alten Pathé-Filmaufnahmen von seinen Reisen gesehen habe, nachzufahren. Beispielsweise reiste er im Orient Express quer durch Europa, während sein Auto rechtzeitig für seine Ankunft an den Zielort transportiert wurde. Er fuhr mit seinem MG durch die ägyptische Wüste und entdeckte dort aufregend neue Orte – sensationell für die Welt von damals. Ich möchte Luxus der alten Schule mit Abenteuerreisen, Geschichte und einer Passion für diese Dinge zusammenbringen. Ich möchte seine Erlebnisse in die Moderne übertragen. Fast so, als wäre er heute noch unter uns.
Erwuchs dein neues Business aus deinem früherem Engagement für das Magazin „Tempus“?
Ehe ich Aubrey Peck aufbaute, arbeitete ich für einige Firmen in ganz Europa. Bei „Tempus“ war ich für globale Veranstaltungen und Erlebnis-Events verantwortlich. Ich arbeitete oft mit fantastischen Marken wie Bentley, Rolls-Royce, Aston Martin und Breitling zusammen und erhielt auch Luxuswagen für meine Fahrten. Ein großes Privileg zwar, aber ich musste natürlich auch über diese Erfahrungen schreiben, was mir, ehrlich gesagt, weniger zusagte. Nach einer Weile war mir klar, dass ich nicht über das, was andere machten oder produzierten, schreiben wollte: Ich wollte die Seite wechseln und diejenige sein, die eigene Ideen organisiert, über die dann andere berichten wollen. Ich habe das große Glück, dass ich ein erstaunliches Netzwerk in den Luxus-, Auto- und Events-Branchen aufbauen konnte – entweder durch Freunde, durch frühere Tätigkeiten oder eben durch „Tempus“. Der Schritt, mein eigenes Unternehmen zu gründen und damit aus meiner Leidenschaft eine Karriere zu schmieden, war nur naheliegend. Und als ich meinen Lebensgefährten Merlin kennenlernte – den Besitzer von Duke of London –, begann sich natürlich meine ganze Welt nur noch um Autos zu drehen!
Sie hatten von Anfang an keine Chance – Ihr Leben würde sich immer um Autos drehen! Werden Sie folglich Events und Reisen für Menschen und Marken entwickeln?
So ist es. Noch in diesem Jahr, wenn es die von der Regierung auferlegten Restriktionen erlauben, habe ich eine Reihe von exklusiven Rallyes, Ausfahrten und Bergrennen sowie andere spannende Motorsport-Events im Vereinigten Königreich und Europa für Unternehmen und Privatkunden geplant. Mit jeder Experience, die ich bei Aubrey Peck schaffe, egal ob für eine Firma oder einzelne Kunden, versuche ich alles, um es auf diesen Klienten hin zu personalisieren. Es soll möglichst ein Bezug entstehen, zu einem Element deren individueller Autogeschichte – sei es die Rennhistorie eines Herstellers oder die Vita des Autos des speziellen Kunden. Das klingt jetzt wie ein Klischee, aber ich möchte, dass die Erfahrungen wahrhaft einzigartig sind.
Welche Pläne hast du noch für Aubrey Peck?
Natürlich einmalige Roadtrips. Unser Fokus liegt klar auf Erlebnisse, die man für kein Geld der Welt kaufen kann. Klassische Fahrzeuge, Abenteuerreisen und Luxus mit einem Schuss Geschichte und die Gelegenheit, Orte zu besuchen, deren Türen sonst verschlossen sind. Zugleich haben wir eine ganze Reihe von anderen Events in unserem Angebot, die ich spannend finde. Eines ist ein atemberaubendes Autokino mit klassischen Flugzeugen und Stunt-Fliegern, die eine Live-Flugshow präsentieren – eine Veranstaltungen, die noch ein paar Überraschungen bereithalten wird.
Du hast ganz offensichtlich die Gene für das Automobil und das Abenteuer geerbt. Fuhr dein Vater auch Rennen?
Mein Vater nahm oft an den Spridget-Rennen im Südosten Englands teil. Er hatte viele Autos als ich noch kleiner war – wie beispielsweise sein geliebter Daimler V8 Tornado Talisman-Prototyp. Dieses Auto gehörte dem Rennfahrer John Bakeart aus dem Jaguar „Knobbly“ Lister-Team und wurde auf Basis eines in Marokko verunfallten Rennwagen von ihm selbst komplett restauriert. Dann gab es noch den Austin 7 Special aus den 1920er Jahren, mit dem er bei Bergrennen startete. Mein Vater war auch ein leidenschaftliches Mitglied des Vintage Sports-Car Club. Ich hoffe, in diesem Jahr selbst ein Teil davon zu werden – speziell für die Trials, die wilden Prüfungsfahrten.
Diese Trials sollen zu den spaßigsten Motorsport-Veranstaltungen überhaupt gehören. Ich hätte auch große Lust, da einmal mitzufahren!
Das ist doch einfach die Verkörperung von uns exzentrischen Briten, nicht wahr? Ich überlege, einen Austin 7 Ulster als Einstiegsmodell zu kaufen. Trials entsprechen meiner Vorstellung des Himmels. Ich wuchs an der Grenze zwischen Kent und East Sussex auf, die nahegelegene Küste war mein Spielplatz. Meine Mutter und unsere alte Familienwanne mussten erfahren, dass ich eigentlich immer schlammbedeckt nach Hause kam, weil ich irgendwo auf einer Wiese mit einem Mini-Motorbike oder auf einem ebenso verschlammten Pony wie wild herumgetobt war. Vermutlich bin ich bis heute diesem sündigen Vergnügen, sich in der Natur einer Schlammschlacht auszuliefern, nicht wirklich entwachsen. Also warum nicht an einem Sport teilnehmen, der dieses Guilty pleasure voll und ganz unterstützt? Am Steuer eines Vorkriegsautos!
Vielen Dank, Georgia. Wir sind alle gespannt auf die nächsten aufregenden Aubrey Peck-Ideen, die noch auf uns zukommen werden!
Fotos von Amy Shore for Classic Driver © 2021