Das „Carabo Projekt“ stellte eine Zusammenarbeit zwischen dem italienischen Hersteller Alfa Romeo und dem Bertone Designstudio dar. Hierbei wiederum handelte es sich um eine Partnerschaft, die schon zuvor Früchte trug. Beispielsweise in Gestalt des 2000 Sportiva oder der BAT Konzeptfahrzeuge aus den 1950er Jahren. Das Chassis des Carabo trug die Identifikationsnummer 75033.109, eine Seriennummer aus der Reihe der 33 Stradale Straßenfahrzeuge. Obwohl die zivile Version des 33 Stradale Teile des Rennwagens nutzte und eine wunderschöne Form zeigte, war der Verkauf weniger von Erfolg gekrönt. Das lag vermutlich auch an dem ambitionierten Verkaufspreis von rund 17.000 US-Dollar. Folglich blieben fünf Chassis über, die an verschiedene Designstudios verteilt wurden. Zwei gingen an Pininfarina, die dort in den Fahrzeugen 33.2 und dem Cuneo Konzept Verwendung fanden. Ein weiteres Chassis ging an Italdesign. Hieraus entstand das Iguana Konzeptfahrzeug. Die beiden übrigen Chassis erhielt Bertone. Neben dem Carabo entstand hier auch das Navajo Konzeptfahrzeug, welches allerdings erst 1976 präsentiert wurde.
In dem Rohrrahmen des Carabo, welcher eine H-Form aufweist, ist ein Aluminiummotor mit zwei Liter Hubraum verbaut. Hierbei handelt es sich um einen kompakten V8-Motor, der von Carlo Chiti entwickelt wurde. Der längs eingebaute Motor ist ein Hochdrehzahlaggregat, dessen Grenzbereich bei 10.000 Touren liegt. Die Nockenwellen werden mittels Kette angetrieben. Der Motor war seinerzeit gut für rund 230 PS Leistung. Die wiederum ermöglichten eine Beschleunigung für den Standardsprint von 0 auf 100 km/h in knapp über fünf Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit des Carabo lag laut Angaben bei knapp 260 km/h. Die Motorkraft wurde dabei mittels eines Sechsgang-Getriebes in Transaxle-Bauweise an die Hinterräder übertragen. Dieses Antriebskonzept stammt von Valerio Colotti.
Der Designer Marcelo Gandini erhielt damals die Gelegenheit, das Fahrzeug und seine charakteristischen Merkmale zu entwickeln. Die überaus konsequente Keilform sollte sich als stilprägend für die nachfolgende Epoche herausstellen. Der Motor des Carabo ist mittig angeordnet, was wiederum erlaubte, alle Linien flach in der Fahrzeugfront auslaufen zu lassen. Dies alles bei einer Fahrzeughöhe von unter einem Meter. In Kombination mit dem rechteckigen Wagenheck entstand so ein bemerkenswert konsequentes Fahrzeugdesign, welches noch unzählige Fahrzeuge der 1970er und 80er Jahre inspirieren sollte. Alfa Romeo nannte das Fahrzeug denn auch nach einer phänotypisch ähnlichen Käferart. Carabo stammt von „Carabidae“ - eine Familie von Bodenkäfern mit einem charakteristischen Farbkleid aus Grün und Gold.
Die Prinzipien des sogenannten „Wedge-Design“ hatten aber auch einen praktischen Grund. Sie sollten die Aerodynamik im Hochgeschwindigkeitsbereich verbessern und für mehr Abtrieb sorgen. Gandini kannte diese Problematik vom Lamborghini Miura, den er zwei Jahre zuvor entwarf. Doch der Carabo zeigte noch weitere pfiffige Details. Die Hauptscheinwerfer waren hinter Querlamellen versteckt, die bei Betätigen des Lichtschalters in die Waagerechte fuhren und so den Lichtaustritt ermöglichten. Außerdem war der Carabo das erste Fahrzeug mit Flügeltüren, die vorne angeschlagen waren und nach oben öffneten. Gandini übernahm dieses Merkmal für den späteren Lamborghini Countach. Der Carabo diente aber auch dem Lancia Stratos Zero als optischer Spiritus Rector, der selbst wiederum dem Stratos HF den Weg bereitete.
Bei so vielen revolutionären Merkmalen und dem dramatischen Design wundert es letztlich kaum, dass der Carabo ein Einzelstück blieb. Dennoch hatte das Fahrzeug maßgeblichen Einfluss auf das Automobildesign des 20. Jahrhunderts. So gesehen ist selbst ein Lamborghini Aventador ein aufrechter Ahne, der mit den „Carabo Türen“ das Design des Begründers zitiert.
Fotos: Bertone