Will man eine Züchtung verbessern, ist Motorsport das ideale Labor dafür. So kam es 1989, als BMW die Deutsche Tourenwagen Masters dominierte, dass Mercedes sich daranmachte, aus seinem von einem Cosworth-Motor angetriebenen 190 E 2.3-16 in einen reinrassigen Rennwagen schlüpfen zu lassen. Das so entstandene 2.5-16 Evolution-Modell von dem 502 straßenzugelassene Exemplare für die Homologation gebaut wurden, hatte kaum noch etwas gemein mit dem bescheidenen W201, dem es entstammte.
Nur ein Jahr später debütierte der noch extremere Evolution II im Rennsport. Und der nächste Schritt in der Evolution enttäuschte nicht: In der DTM-Meisterschaft 1992 sicherte sich das Fahrzeug mit dem legendären Fahrer Klaus Ludwig am Steuer nicht nur den Titel, sondern auch das komplette Podium. Wieder wurden aus Gründen der Homologation 500 Exemplare gebaut. Es sind genau diese Modelle mit ihrem mächtigen 235 PS-Motor, den wuchtig modellierten Radläufen, aggressiven Karosseriepaketen, markanten Sechsspeichenrädern und dem riesenhaften Heckflügel welche jetzt die Sammler begeistern. Im Jahr 2016 versteigerte Silverstone Auctions ein Exemplar mit niedrigstem Kilometerstand für 292.500 Pfund - mehr als doppelt soviel wie der untere Schätzwert. Aber dieses fulminante Ergebnis dürfte kaum überraschend sein, denn das Auto besitzt die besten Referenzen, um in den Zirkel der „Modern Classic” aufgenommen zu werden.
In jüngster Zeit haben wir zwei deutliche Trends im Sammlermarkt beobachten können. Erstens, die berauschende Phase zwischen 2012 und 2013, als der Kauf fast jeden älteren Fahrzeugs schnelle Rendite versprach und die spezialisierten Aktionshäuser mit ihren wichtigsten Versteigerungen Hundert von Millionen Dollar umsetzten, ist vorbei. Heute zählen Stabilität und Vorsicht: Nur die besten Automobile, jene die besonders original sind, über umfassende Dokumentation und Low mileage verfügen und vor allem sehr selten sind, werden außergewöhnliche Preise erzielen. Alle anderen sind wieder in die zweite Reihe gerückt.
Zweitens kann man beobachten, dass der sich vollziehende Generationenwechsel unter den Kunden beeinflusst, welche Fahrzeuge in der Gunst und somit im Wert wachsen. Jüngere Enthusiasten erreichen nun ein Alter und die finanziellen Mittel, um die Autos, die sie sich als Teenager übers Bett hingen tatsächlich kaufen zu können. Deswegen steigt die Nachfrage nach den sogenannten „Youngtimern” aus den achtziger, neunziger und zweitausender Jahren. 2017, beispielsweise, waren unter den zehn populärsten Autos im Classic Driver Markt - wo namhafte Händler und Auktionshäuser jährlich zigtausende Sammlerautos verkaufen - mit dem Porsche 911 „G”, BMW E30 und dem Lamborghini Countach Stars der Achtziger. Für die Experten, die wir zu diesem Trend befragt haben, ist klar, dass man diese Autos kauft um sie zu fahren. Eine Entwicklung, die nur positiv sein kann.
Übrigens erfüllt dieser Mercedes-Benz 190 E 2.5-16 Evolution II von 1990, der aktuell beim Classic Driver-Händler Rosier Classic Sterne angeboten wird, gleich beide Forderungen. Denn nicht nur handelt es sich hier um einen limitierten modernen Klassiker, es handelt sich hier auch um eines der besten Exemplare überhaupt dieser Ikone der Homologation. Der japanische Erstbesitzer liebte seinen 190 E so sehr, dass er ihn 25 Jahre behielt und in diesem Vierteljahrhundert gerade einmal 7.000 Kilometer bewegt hat. Nun sucht das Auto einen neuen Bewahrer, der das nächste Kapitel seiner Geschichte schreiben möchte.
Interessanterweise führt die Historic Automobile Group International (HAGI) mit ihrer Datenbank von Tausenden von Transaktionen im privaten wie im Auktionsmarkt seit 1980 einen ungelisteten Index für jüngere „Emerging Classics” der Marke Mercedes. Im letzten Jahr wuchs dieser Bereich um bemerkenswerte 18,8 Prozent - 10 Prozent mehr als der „Classic Mercedes”-Index für ältere Modelle. Generell, so HAGI-Gründer Dietrich Hatlapa, ist die Preisgestaltung bei Mercedes niedriger als bei Porsche oder Ferrari. Außerdem sind sie in technischer Hinsicht zuverlässig und durch die Ersatzteile und den Support von Mercedes-Benz Classic auch für jene attraktiv, die vor allem Fahrspaß und wenig Verdruss suchen.
Der Mercedes-Benz 190 E 2.5-16 Evolution II ist der überzeugende Beweis für die gelungene Evolution einer Spezies. Als Sammlerauto erfüllt es wirklich alle aktuellen Anforderungen. Nur 500 Stück wurden gebaut - im Vergleich zu den zwei Millionen der 190er-Reihe. Als Postertraum kann es der Evolution II mit jedem Ferrari aufnehmen, außerdem hat er eine brillante Motorsportkarriere erlebt. Mit anderen Worten: der absolut Beste unter den Besten. „Autos sprechen für sich selbst”, weiß Hatlapa. Wenn ja, dann besitz dieser Mercedes eine Stimme wie Donnerhall.
Fotos: Rémi Dargegen für Classic Driver © 2018