Unter den mehr als 75.000 Exemplaren des Porsche 356, die binnen 17 Jahren gebaut wurden, das passende Modell zu finden, ist wahrlich nicht leicht. Fahrkultur, Zustand, Historie, Marktpotenzial sind die Schlagwörter, die beim Kauf des ersten Großserien-Porsche von Fernand Porsche zahlreiche Fragen aufwerfen. Die Preise für 356er rangieren zwischen 50.000 und teilweise sogar über 500.000 Euro.
Das große 356-ABC
„Die begehrenswertesten Modelle sind die frühen: Pre-A, A, B sowie 356 Speedster und solche mit Carrera-Motoren“, fasst Porsche-Spezialist John Hawkins von Specialist Cars of Malton in Großbritannien zusammen. Bei Movendi, der Institution für hochwertige Renn- und Sportwagen in Deutschland, stehen aktuell zwei dieser Carreras zum Verkauf. Auch Geschäftsführer Bernhard Kerkloh bewertet die frühen 356er bis Baujahr 1952 (außerdem Speedster, Cabriolet D und Roadster) als besonders begehrenswert. „Immer gefragter sind auch gut erhaltene, unrestaurierte Erstlackfahrzeuge“, ergänzt Kerkloh.
Wo trennt sich die Spreu vom Weizen?
Bei allen 356-Modellen gilt, die Substanz genau unter die Lupe zu nehmen. Sprich Chassis und Karosserie auf Rostbefall und Unfallschäden zu durchsuchen. Denn während die fortschrittliche Monocoque-Bauweise gewiss ihre Vorteile hatte – einer davon ist das geringe Gewicht, für das der 356 seit eh und je gefeiert wurde – ist es leider auch eine Brutstätte für den natürlichen Zerfall. Und die Wiederherstellung von Chassis und Karosserie ist sehr kompliziert, erklärt Peter Iverson, Inhaber der gleichnamigen Porsche-Spezialwerkstatt im dänischen Svenstrup. „Die Restaurierungskosten übersteigen aktuell noch den Wert der Fahrzeuge, zumindest bei den Standardmodellen. Wer also einen Porsche 356 kaufen möchte, sollte sich wirklich einen Experten zu Hilfe nehmen – man kann so viele Fehler machen.“ Oder den Wagen gleich beim renommierten Experten kaufen.
Investieren oder restaurieren?
„Ein gewöhnlicher Porsche 356 ist heute noch unterbewertet, weil sich genügend Exemplare davon finden“, sagt Peter Iversen. „Doch gut erhaltene 356, die aktuell noch weniger Geld kosten, als eine aufwändige Restaurierung, werden immer seltener“, sagt Peter Iversen. Was dann passiert, dürfte jedem bewusst sein. Entsprechend verspricht ein gut erhaltenes spätes Exemplar die beste Rendite, so Hawkins. Große Preissprünge wie in den letzten zwei Jahren sind laut Kerkloh jedoch nicht zu erwarten. Er rechnet eher mit Zuwachsraten zwischen acht und zehn Prozent pro Jahr.
Die Chance zum Glück
Die komplizierte Modellpolitik mit ihren unterschiedlichen Karosserievarianten (das Ergebnis der evolutionären Entwicklung des damals jungen Sportwagenherstellers) und die Herausforderung, ein gutes Exemplar zu finden, mag einige Sammler vom Kauf abschrecken. Doch die Belohnung liegt auf der Hand: Denn der Porsche 356, so sind sich unsere Experten einig, ist ein Qualitätsprodukt mit guten Fahreigenschaften und einem anständigen Investitionspotenzial. Der kleine Zuffenhausener besitzt die Fähigkeit, Fahrern wie Betrachtern ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Und wir sollten nie vergessen, dass der 356 den Weg für Porsche bahnte, um im Rennsport wie auf der Straße zu einem der am meisten gefeierten Sportwagenherstellern aller Zeiten zu werden.
Fotos: Jan Baedeker