Zagato wusste seinerzeit genau, was der schnellste Flaminia, Lancias Flagship-Sportwagen, benötigte: Er schuf für den Wagen ein aufregendes und wohl proportioniertes Design – frei von den Verrücktheiten der früheren Flavia-Modelle. Vielmehr zeigte der Flaminia Zagato Super Sport viele typische Zagato-Merkmale und auch Anleihen anderer Fahrzeuge wie beispielsweise vom Aston Martin DB4GT oder Ferrari 250 GT.
Bei diesem späten Modell zierte zudem ein Kammheck das Fahrzeugende, das kein Geringer als der damalige Zagato-Chefstylist Ercole Spada kreierte. Das Flaminia Coupé folgte aber auch der betörenden Aurelia – beide Fahrzeuge waren zudem nach wichtigen römischen Straßen benannt. Schon die Aurelia war fortschrittliches Gefährt ihrer Zeit. Das Design schuf Vittorio Jano – erstmals kam hier weltweit ein V6-Motor zum Einsatz.
Auch der Lancia Flaminia Zagato Super Sport wurde von diesem V6-Motor angetrieben. Drei 40 DCN Weber-Vergaser sorgten bei dem 2,8-Liter-Aggregat für die Befeuerung der sechs Brennräume. Rund 150 PS Leistung waren für das leichte Auto eine ordentliche Ausbeute. Für sportliches Fahren waren die unabhängige Vorderrad-Aufhängung und Scheibenbremsen rundum zuständig.
Wer das Auto heute betrachtet, dem fällt das markante Zagato-Double-Bubble-Dach auf und natürlich auch die besondere Gestaltung der Frontscheinwerfer. Die roten Ledersitze sind ein traditionelles Merkmal, ähnlich wie auch bei Aston, Maserati oder Ferrari üblich. Den Verzicht auf die sehr leichten und nicht unbedingt komfortablen Zagato-Sitze wie im Alfa SZ kann man getrost verschmerzen. Tatsächlich braucht das Interieur keinen Vergleich mit klassischen Ferrari zu scheuen. Hochglanzpolierte Hölzer treffen auf eine klassisch und wertig anmutende Instrumentierung mit einem großen Nardi-Lenkrad mit Holzkranz.
Wie auch schon bei der Aurelia weist dieses Fahrzeug eine Transaxle-Auslegung auf. Der schlanke Gangwahlhebel liegt bei diesem Linkslenker gut in der Fahrerhand. Erst einmal unterwegs, entwickelt der V6 ein munteres Temperament, welches Fahrer und Passagiere gleichermaßen unterhält. Der Motor arbeitet dennoch geschmeidig und leise. Eine Auslegung, die auch für längere Strecken taugt.
Man muss erinnern, dass dieser Lancia seinerzeit als Alternative für Mercedes oder Jaguar gedacht war und von bedeutenden Persönlichkeiten chauffiert worden ist. Es ist ein Daily-Driver jener Sorte, in der auch Enzo Ferrari oder Piloten seiner Equipe von Rennstrecke zu Rennstrecke quer durch Europa fuhren. Der Drehzahlmesser tourt über 6.500 Umdrehungen, was den Wagen bis zu 160 km/h schnell macht. Eine enge Abstufung der Gänge verlangt kerniges Hochdrehen und bereitet viel Freude.
Anspruchsvoll ist genau der Begriff, der dieses Auto zusammenfasst. Es ist ein erwachsenes Fahrzeug für ernsthafte Fahrer. Und für ernsthafte Sammler. Rarer als ein DB5, sind diese Klassiker noch vergleichsweise günstig erhältlich und technisch auf der Höhe ihrer Zeit. Man könnte also getrost von einer Unterbewertung sprechen. Alles in allem ein sehr gelungenes Kapital in der viel zu früh endenden Hochphase der ehemals großen Marke Lanica.
Fotos: Classic Driver